Wie Sie bereits im Studium lernen können, jedes Kind mitzunehmen
Eine Atmosphäre im Klassenzimmer zu schaffen, in der Kinder sich konzentrieren können, ist eine der großen Herausforderungen für Lehrkräfte. Foto: © gemeinnützige CLIMB GmbH
Das erfahren Sie in diesem Beitrag
- Gibt es zu wenig Praxis im Studium?
- Kindern eine Zukunft geben - Die wahre Aufgabe einer Lehrkraft?
- Wie man sich aufs Lehramt vorbereiten und gleichzeitig benachteiligten Kindern helfen kann
- Tipps für angehende Lehrkräfte, wie man jedes Kind fördern und fordern kann
- Wie werde ich denn nun eine gute Lehrkraft?
Auf in die Praxis, fertig, los!
Gibt es zu wenig Praxis im Studium?
Lehramtsstudierende haben meistens bestimmte Erwartungen und Hoffnungen am Anfang ihres Studiums. Am Ende möchten sie vor Klassen stehen und gute Lehrkräfte sein: Wissen vermitteln, Konflikte lösen, Kinder voranbringen. Aber wenn es dann endlich soweit ist, fühlen sie sich oft nicht vorbereitet. Sie sind Expert*innen ihrer Schulfächer und kennen pädagogische Ansätze in der Theorie, aber in der Realität sieht es oft anders aus. In dem Moment, wenn die Kinder sich einfach nicht hinsetzen wollen, und die geplante Unterrichtsstunde im Sande verläuft, werden viele angehende Lehrkräfte desillusioniert.
„Ich habe am Anfang sehr mit dem Lehramtsstudium und der ganzen Theorie gehadert. Ich wusste gar nicht, ob ich auf dem richtigen Weg bin.”, berichtet Maja, 27-jährige Lehramtsstudentin aus Hamburg.
Ungefähr 15 % der Lehramtsstudierenden brechen das Studium im Bachelor ab, von den übrig gebliebenen gehen nochmal 14% während des Masters bzw. vor dem Staatsexamen.
Das ist schade. Nicht nur für die Schulen, die in ganz Deutschland unter dem aktuellen Lehrermangel ächzen, sondern auch für die Studierenden, die viel Zeit in ihre Ausbildung investiert haben, und zu spät merken, dass der Beruf eventuell nichts für sie ist.
Die Forderung nach mehr Praxisbezug ist seit Jahren laut. Andere argumentieren, dass “mehr” nicht immer besser ist, sondern dass die Reflexion der Praxis wichtiger ist. Initiativen wie die Qualitätsoffensive Lehrerbildung setzen auf neue Methoden, die die qualitative Ausgestaltung der Praxisphasen optimieren. Die Implementierung in den Semesterplan erfolgt allerdings nicht von heute auf morgen.
Viele Lehramtsstudierende geben Nachhilfe, um ihre didaktischen Fähigkeiten zu üben und sich ein wenig Geld dazu zu verdienen. Auf eine realistische Klassensituation bereitet sie das aber nicht unbedingt vor.
Kindern eine Zukunft geben - Die wahre Aufgabe einer Lehrkraft?
Maja wollte die Balance von Theorie und reflektierter Praxis meistern. Dabei kam bei ihr die Frage auf, wie Schüler*innen bei ihr lernen können, wenn sie als Lehrkraft nicht in der Lage ist, die eigentlichen Bedürfnisse dieser Kinder zu erkennen? Denn erst wenn sie auf diese eingehen kann, ist ein produktives Arbeiten mit ihnen möglich. Und die Realität ist leider: Es ist verdammt schwierig, allen Kindern gerecht zu werden.
Dabei studieren genau deshalb viele junge Leute wie Maja Lehramt. Sie wollen Kinder auf einen guten Lebensweg bringen. Schließlich ist Bildung eines der wichtigsten Kulturgüter für eine erfolgreiche Gesellschaft.
Und in Deutschland gibt es in Sachen Bildungsgerechtigkeit Nachholbedarf. Jedes fünfte Kind in Deutschland wächst in Armut auf und hat nicht den gleichen Zugang zu Bildungsmöglichkeiten wie Kinder wohlhabender Eltern. Daher haben es diese Kinder beim Lernen schwerer, als diejenigen, die nicht mit den finanziellen Sorgen ihrer Eltern kämpfen müssen. Während Lehrkräfte damit beschäftigt sind, den Lehrplan durchzukriegen, bleiben Kinder zurück, die nicht die richtigen Werkzeuge besitzen, um im Unterricht motiviert mitzumachen.
Dennoch empfinden viele die Arbeit mit diesen Kindern und die Wirkung, die man bei erfolgreicher Arbeit erzielt, als wichtig, sinnvoll und auch erfüllend. Denn eine sehr wichtige Zutat, um eine gute Lehrkraft zu sein, ist Begeisterung. Und die kann man nicht studieren. Lehren tut es sich am Besten, wenn es eine Berufung ist!
Wie man sich aufs Lehramt vorbereiten und gleichzeitig benachteiligten Kindern helfen kann
Das Ferienprogramm climb, bei dem Maja sich engagiert, möchte angehenden Lehrkräften genau das zeigen - und ihnen gleichzeitig die Chance geben, qualitativ hochwertige Praxiserfahrung zu sammeln.
climb veranstaltet sogenannte Lernferien, ein präventives Programm für Grundschüler aus sozial benachteiligten Stadtteilen. Dort lernen die Kinder, wie man Spaß am Lernen hat, und erlangen dadurch Fähigkeiten, die sie für eine erfolgreiche Schullaufbahn brauchen.
Dadurch möchte climb einen Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit leisten. Studierende, die sich als ehrenamtliche climb-Lehrkräfte engagieren, bekommen eine umfangreiche Einführung, in der sie lernen, wie sie den Kindern Fähigkeiten wie Selbstbewusstsein, Durchhaltevermögen oder Planungskompetenz während des Mathe- und Deutschunterrichts vermitteln. Während der zweiwöchigen Lernferien gibt es außerdem Workshops, Reflexions- und Feedbackrunden, um Praxis und Theorie miteinander zu verzahnen.
„Und dann – so kitschig das jetzt klingen mag – stand ich bei climb zum ersten Mal vor einer Klasse und es war mir sofort klar, dass das genau das Richtige für mich ist, dass ich mich da absolut wohlfühle, dass ich das auch kann. Das hat natürlich einen Riesenunterschied gemacht.”
Maja glaubt, in der Arbeit mit sozial benachteiligten Kindern lernt sie, was sie in regulären Praktika nicht lernt. Neben der guten Vorbereitung, dem Feedback und der Vertiefung von praktischen Themen in der Theorie geht es auch um den Fokus auf die Langfristigkeit der Maßnahme. Praktische Fähigkeiten müssen regelmäßig geübt und verinnerlicht werden.
Das gilt sowohl für die Schüler*innen als auch die angehenden Lehrer*innen. So kann sichergestellt werden, dass Lernferien kein kurzfristiger Tropfen auf den heißen Stein sind, sondern dass Bildungsgerechtigkeit durch engagierte Lehrkräfte wie Maja im Klassenraum langfristig vorangetrieben wird.
5 Tipps für angehende Lehrkräfte, wie man jedes Kind fördern und fordern kann
Um Kindern eine produktive Einstellung zum Lernen zu vermitteln, benötigt es ein paar Voraussetzungen im Klassenzimmer, die man jederzeit umsetzen kann:
1. Klare Regeln und Konsequenzen:
Regeln bieten einen Rahmen, in dem sich Kinder orientieren können, und der ihnen die Möglichkeit gibt, aus Fehlverhalten zu lernen.
Dabei ist es wichtig, dass Konsequenzen angekündigt werden und auch eintreffen. Die Transparenz gibt Kindern die Chance, ihr Verhalten bewusst zu regulieren und sich Pläne zu machen. Auch kleine Rituale helfen den Kindern, förderliche Verhaltensweisen routiniert zu zeigen und daraus Sicherheit zu gewinnen.
2. Hoher, aber angemessener Anspruch:
Kinder übernehmen gerne Verantwortung, wenn man sie nur lässt und ihnen die Möglichkeit gibt, sich in ihrem Tempo zu verbessern. Ein angemessenes Niveau zu finden, an dem sich ein Kind in stillen Unterrichtszeiten ausprobieren kann, ist eine Herausforderung, vor der man sich aber nicht scheuen braucht. Mit der Zeit lernt man die Kinder und ihre Fähigkeiten kennen.
3. Positive Verstärkung und Wertschätzung:
Kinder möchten ernst genommen werden. Mit Transparenz und konstruktivem Feedback ist es möglich, ein gutes Klima schaffen, in dem sich die Kinder selbst zum Lernen motivieren.
4. Spaß:
Mit Spaß lernt es sich leichter. Ist die Stimmung nicht so gut, kann z. B. ein lustiger Energizer helfen, um angestauten Frust raus zu lassen. Was den Kindern Spaß macht, ist dabei natürlich altersabhängig.
5. Stärkenorientierung:
Wenn man mit Kindern reflektiert, was sie richtig gut können, fällt es ihnen auch leichter, diese Fähigkeiten gezielt einzusetzen. Das führt zu mehr Erfolgserlebnissen im Unterricht, wodurch Kinder den Spaß am Lernen entdecken und sich dadurch selbst motivieren können, Leistung zu zeigen.
Die Motivation, sich Ziele zu setzen und darauf hinzuarbeiten, ermöglicht auch benachteiligten Kindern, ihre Bildungs- und Lebenswege selbstbestimmt zu gehen und diese Nachteile im weiteren Verlauf auszugleichen. Dafür brauchen sie die Starthilfe engagierter Lehrkräfte.
Wie werde ich denn nun eine gute Lehrkraft?
Die Debatte, ob mehr Praxisbezug im Studium notwendig ist, geht weiter. Studierende sind solange dabei also selbst gefragt, wie sie ihre praktischen Fähigkeiten als Lehrkräfte weiterentwickeln wollen.
Dabei hilft es, sich Gedanken zu machen, warum man eigentlich dieses Studium und diesen Beruf gewählt hat. Im Internet gibt es zwar viele Selbsttests und Reflexionsübungen, die die Eignung für diesen Beruf messbar machen wollen, aber Maja empfiehlt, sich einfach mal im Bildungsbereich zu engagieren.
climb sucht regelmäßig engagierte junge Menschen, die sich in den Ferien für die Kinder stark machen, die diese Zuwendung am meisten brauchen. Viele Lehramtsstudierende haben dabei bereits gelernt, welche Stärken sie besitzen, die für den Unterricht besonders wertvoll sind.
Es lernen also nicht nur die Kinder etwas.
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