Sprachbad im Klassenzimmer: Wie Immersion den Spracherwerb an Schulen fördert
Eintauchen in eine neue Sprache wie in ein Bad – das ist das Prinzip der Immersionsmethode, die man deshalb auch Sprachbad nennt. Die Methode gilt als das erfolgreichste Sprachlernverfahren für den Erwerb einer zweiten Sprache.
Auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es Kindergärten und Schulen, die Fremdsprachen immersiv unterrichten. Immersion spielt aber auch eine Rolle beim Erlernen der deutschen Sprache von Kindern mit einer anderen Muttersprache.
Doch wie funktioniert das Sprachbad im Klassenzimmer? Welche Vorteile und Herausforderungen hat die Immersion gegenüber traditionellen Lehrmethoden?
Was ist Immersion bzw. ein Sprachbad?
Anders als beim herkömmlichen Sprachunterricht ist die Fremdsprache bei der Immersionsmethode nicht der Unterrichtsgegenstand.
Ähnlich wie beim Erwerb der Muttersprache lernen die Kinder im Kindergarten oder der Schule die Sprache intuitiv durch Zuhören und Nachahmen, das Verstehen erfolgt aus dem Kontext heraus. Vor allem zu Beginn spielen Gestik und Mimik eine große Rolle.
In der Schule unterrichten die Lehrerinnen und Lehrer die verschiedenen Fächer durchgehend in der Zielsprache. Und auch die Schülerinnen und Schüler werden ermutigt, sie aktiv zu nutzen, sei es bei Fragen, Antworten oder Interaktionen mit anderen Kindern. Das soll ein „Eintauchen“ in die neue Sprache ermöglichen.
Immersion schafft also ein Umfeld, in dem die Fremdsprache nicht isoliert, sondern als Kommunikationsmittel im Alltag des Gruppenraums bzw. Klassenzimmers verwendet wird. Das Ziel ist, dass die Kinder und Jugendlichen schnell ein Gefühl für die Sprache entwickeln und sie wie eine zweite Muttersprache anwenden.
Das unterscheidet Immersion auch vom bilingualen Unterricht, bei dem zwei Sprachen abwechselnd genutzt werden. Auch Methoden wie Communicative Language Teaching (CLT) setzen auf die Verwendung der Fremdsprache, allerdings nicht so intensiv und kontinuierlich wie bei der Immersion.
Rolle der Lehrkraft
Als Lehrerinnen und Lehrer haben Sie im Immersionsunterricht die entscheidende Rolle eines Sprachvorbilds. Sie sprechen konsequent die Zielsprache und sorgen dafür, dass die Schülerinnen und Schüler die Sprache in allen Unterrichtsphasen hören und anwenden.
Sie vermitteln die Sprache aber nicht nur, sondern gestalten auch des immersive Umfeld: Das Lernsetting muss so gestaltet sein, dass Schülerinnen und Schüler möglichst viel in der Zielsprache agieren können:
- Beständige Anwendung der Zielsprache: Die Fremdsprache wird nicht nur im Fachunterricht genutzt, sondern auch bei alltäglichen Interaktionen, wie dem Begrüßen oder dem Erklären von organisatorischen Abläufen.
- Visuelle und gestische Unterstützung: Vor allem zu Beginn verstehen die Kinder noch sehr wenig von der neuen Sprache. Lehrkräfte setzen deshalb visuelle Hilfsmittel (Bilder, Diagramme) und Gesten ein, um den Inhalt zu verdeutlichen. Dies hilft den Schülerinnen und Schülern, neue Vokabeln und Strukturen durch den Kontext zu erfassen, ohne auf die Muttersprache zurückgreifen zu müssen.
- Feedback und Korrekturen in der Zielsprache: Lehrerinnen und Lehrer korrigieren die Sprachfehler der Lernenden nicht, indem sie in die Muttersprache wechseln, sondern durch sanfte Rückmeldungen in der Zielsprache. Dies ermöglicht den Kindern, die Fehler im Kontext zu verstehen und sich zu verbessern, ohne aus der immersiven Sprachumgebung herausgerissen zu werden.
- Spiele und Aktivitäten in der Zielsprache: Sprachspiele, Rollenspiele oder Gruppenaktivitäten in der Fremdsprache fördern das aktive Sprechen und Anwenden der Zielsprache. Diese spielerischen Ansätze nehmen die Angst vor Fehlern und verbinden das Sprechen in der Fremdsprache mit positiven Erlebnissen.
- Rituale in der Fremdsprache: Regelmäßige Rituale wie der gemeinsame Start in den Tag oder der Abschluss einer Unterrichtsstunde in der Zielsprache schaffen zusätzliche Sprachmomente und wiederkehrende Redewendungen, die den Kindern im Gedächtnis bleiben.
- Authentische Unterrichtsmaterialien: Lehrkräfte können Zeitungsartikel, Videos oder Audioaufnahmen in der Fremdsprache als authentische Lehrmittel nutzen. Diese Quellen helfen den Schülerinnen und Schülern, die Sprache im realen Kontext zu hören und anzuwenden, was den Lernprozess natürlicher und praxisbezogener gestaltet.
Lehrkräfte sollten die Zielsprache auf muttersprachlichem Niveau beherrschen, um den Schülerinnen und Schülern den Zugang zur Zielsprache immersiv vermitteln zu können. Dabei verwenden sie verschiedene Strategien wie gestische Unterstützung oder den Einsatz einfacher Sprachstrukturen, um den Schülerinnen und Schülern das Verständnis zu erleichtern und den Lernprozess zu fördern.
Vorteile der Immersionsmethode
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Förderung des natürlichen Spracherwerbs
Das Eintauchen ins Sprachbad ahmt den natürlichen Spracherwerb der Kinder in ihrer Muttersprache nach. Sie entwickeln ein Gefühl für die Sprachstrukturen, ohne dass sie explizit Grammatikregeln oder den Satzbau lernen müssen. Das Lernen erfolgt so auch mit weniger Leistungsdruck. -
Stärkung der mündlichen und schriftlichen Ausdrucksfähigkeit
Im immersiven Unterricht werden Schülerinnen und Schüler dazu ermutigt, die Zielsprache aktiv zu verwenden – im Unterricht wie im Schulalltag. Dadurch gewinnen sie an Selbstvertrauen und Praxis, was ihre Ausdrucksfähigkeit stärkt. Sie lernen, spontan zu sprechen, ohne lange nachzudenken.
Studien zeigen, dass Schülerinnen und Schüler in immersiven Programmen oft eine bessere Aussprache und einen größeren Wortschatz entwickeln, da sie die Sprache in vielfältigen, realistischen Kontexten anwenden. Die Sprachkompetenz in der Zielsprache ist in der Regel deutlich höher als bei herkömmlichem Sprachunterricht. Das kann für den späteren beruflichen Weg sehr hilfreich sein. -
Kein isoliertes Vokabel- und Grammatiklernen
Während Schülerinnen und Schüler im herkömmlichen Unterricht Grammatikregeln und isolierte Vokabeln lernen, verwenden sie in der Immersion die Sprache organisch und in realen Kontexten. Dadurch ist die Lernkurve oft steiler, und die Lernenden können die Sprache schneller in fließenden Gesprächen anwenden. Grammatik und Vokabeln werden „nebenbei“ gelernt, während die Sprache verwendet wird, was zu einem tieferen Verständnis führt.
Potenzielle Herausforderungen
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Große und heterogene Lerngruppen
Eine der größten Herausforderungen bei der Anwendung von Immersionsmethoden in großen Klassen ist die individuelle Betreuung. Gerade zu Beginn können Kinder frustriert sein, weil sie noch gar nichts verstehen. Je größer die Klasse, desto schwieriger wird es für Lehrkräfte, auf die individuellen Bedürfnisse aller Schülerinnen und Schüler einzugehen, was dazu führen kann, dass der Unterricht weniger effektiv wird.
Hilfreich können hier differenzierte Aufgaben für unterschiedliche Sprachniveaus sein sowie Partner- bzw. Gruppenarbeiten oder Peer-Learning-Methoden, bei denen stärkere Schülerinnen und Schüler Schwächeren helfen, was die Lehrkraft entlastet. -
Fortbildungsbedarf für Lehrkräfte
Ein weiteres Hindernis ist der Mangel an spezifischen Fortbildungen für Lehrkräfte im Bereich Immersion. Lehrerinnen und Lehrer müssen gut geschult sein, um einen effektiven immersiven Unterricht durchzuführen, insbesondere wenn sie bisher nur traditionelle Methoden des Fremdsprachenunterrichts verwendet haben.
Fortbildungen und Workshops können hier eine entscheidende Rolle spielen, um die neuesten Methoden und Strategien im Bereich Immersion zu erlernen. Darüber hinaus könnte der Austausch mit Schulen, die bereits erfolgreich Immersion umsetzen, nützlich sein. -
Materialien und Ressourcen
Es gibt oft einen Mangel an geeigneten, altersgerechten Lehrmaterialien für den immersiven Unterricht.
Ein Austausch mit anderen Schulen oder Institutionen kann bei der Beschaffung von Materialien helfen. Es ist wichtig, eine breite Palette von Materialien (Lehrbücher, Spiele, digitale Medien, authentische Materialien) bereitzustellen, um den Unterricht abwechslungsreich zu gestalten. Außerdem bieten digitale Plattformen inzwischen eine Vielzahl von Materialien an.
Didaktische Tipps und Tricks für die Praxis
Fehlerkultur
Fehler sind ein natürlicher Bestandteil des Spracherwerbs. Eine positive Fehlerkultur fördert die Bereitschaft der Schülerinnen und Schüler, sich auszudrücken.
- Fehler als Lernchance: Betonen Sie, dass Fehler dazugehören und eine wichtige Rolle beim Lernen spielen.
- Selbstkorrektur fördern: Ermutigen Sie die Schülerinnen und Schüler, ihre eigenen Fehler zu erkennen und zu korrigieren.
- Positive Verstärkung: Loben Sie die Schülerinnen und Schüler für ihre Anstrengungen und Fortschritte.
Differenzierung
Um den individuellen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler gerecht zu werden, ist eine differenzierte Gestaltung des Unterrichts unerlässlich.
- Heterogene Gruppen: Bilden Sie heterogene Gruppen, damit sich die Schülerinnen und Schüler gegenseitig unterstützen können.
- Individuelle Lernpfade: Bieten Sie verschiedene Lernmaterialien und Aufgaben an, die auf unterschiedliche Lernniveaus zugeschnitten sind.
- Selbstständiges Arbeiten: Fördern Sie das selbstständige Arbeiten und die Eigenverantwortung der Schülerinnen und Schüler.
Weitere Tipps
- Authentische Materialien: Verwenden Sie authentische Materialien wie Lieder, Filme, Zeitungsartikel oder Podcasts, um den Unterricht lebendig zu gestalten.
- Sprachspiele: Integrieren Sie regelmäßig Sprachspiele in den Unterricht, um die Motivation zu steigern und das Lernen spielerisch zu gestalten.
- Kooperatives Lernen: Fördern Sie die Zusammenarbeit in Gruppen, um die kommunikativen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler zu entwickeln.
- Lernförderliche Umgebung: Beschriften Sie Gegenstände im Klassenzimmer (Möbel, Bastel- und Lernmaterial, Fenster, Türen) mit den Bezeichnungen der Zielsprache.
Fazit
Die Immersionsmethode gilt als effektiver Ansatz, um Schülerinnen und Schüler für Sprachen zu begeistern und ihre Sprachkompetenz zu fördern. Durch das Eintauchen in die neue Sprache wie in ein Sprachbad, können sie ein tiefes Verständnis entwickeln und lernen, diese selbstbewusst anzuwenden.
Quellen:
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