Schulöffnungen: Welche Hygiene- und Schutzmaßnahmen kommen auf Schulen, Lehrkräfte und Schüler zu?

Betzold Lochkegel als Abstandshalter

Die schrittweise Öffnung der Schulen ab dem 4. Mai 2020 ist die wohl meistdiskutierte Maßnahme der von Bund und Ländern beschlossenen Corona-Lockerungen. Schulen und Schulträger stehen nun vor der Aufgabe, hygienische Voraussetzungen zu schaffen, die eine Verbreitung des Coronavirus unter Schülern und Lehrkräften vermeiden sollen.

Was das für Schulen bedeutet, erfahren Sie hier.

Das erfahren Sie in diesem Beitrag

    • Erweiterte Hygiene- und Schutzmaßnahmen an Schulen: „Hygieneplan Corona“
    • Vorgaben der Bundesländer zu den Schulöffnungen
    • Hygiene- und Schutzmaßnahmen
    • Problematische Voraussetzungen an zahlreichen Schulen
    • Vermittlung der Schutz- und Hygienemaßnahmen an Schüler
    • Umgang mit Ängsten und Sorgen
    • Nicht überall funktionieren Abstimmung und Kommunikation

Erweiterte Hygiene- und Schutzmaßnahmen an Schulen: „Hygieneplan Corona“

Da Prüfungen und Prüfungsvorbereitungen bereits vor dem 4. Mai ermöglicht wurden, öffnen sich die Schultore in vielen Bundesländern bereits am 27. April. In Sachsen (22. April) und Nordrhein-Westfalen (23. April) begann der Unterricht bereits ein paar Tage zuvor. 

Die Kultusministerkonferenz soll bis zum 29. April ein Konzept vorlegen, „wie der Unterricht unter besonderen Hygiene- und Schutzmaßnahmen, insbesondere unter Berücksichtigung des Abstandsgebots durch reduzierte Lerngruppengrößen, insgesamt wieder aufgenommen werden kann.“  

Um früher starten zu können, mussten die Kultusministerien der Länder bereits vorab Hygienemaßnahmen für die Schulen erlassen, die die bestehenden Hygienepläne ergänzen. Häufig wird diese Ergänzung als „Hygieneplan Corona“ bezeichnet.

Vorgaben der Bundesländer zu den Schulöffnungen

Noch sind die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz nicht veröffentlicht. Wie bereits bei den Schulschließungen wurden seitens der Kultusministerien der Bundesländer Vorgaben und Regelungen erlassen. Wie die Vorgaben, beispielsweise Abstandsregelungen, konkret in der Praxis umgesetzt werden sollen, müssen Schulen bzw. Schulträger entscheiden und ein entsprechendes Konzept erstellen. 

Aufgrund der sehr heterogenen Voraussetzungen, die Schulen aufweisen (z. B. Größe, Schülerzahl, Sanierungsbedarf, Ausstattung), dürfte auch der Aufwand und die grundsätzliche Realisierbarkeit der Regelungen sehr unterschiedlich ausfallen.

Bitte beachten Sie, dass es sich bei den folgenden Punkten um eine Zusammenfassung der wichtigsten Maßnahmen verschiedener Bundesländer handelt. In den einzelnen Ländern kann es Abweichungen geben. Der Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar. Wir prüfen die Inhalte unserer Beiträge immer mit größter Sorgfalt, dennoch können wir keine Gewähr für deren Aktualität, Vollständigkeit und inhaltliche Richtigkeit übernehmen.

Hygiene- und Schutzmaßnahmen

Im Fokus stehen nachfolgend die persönlichen Schutz- und Hygienemaßnahmen, also Maßnahmen die Schüler und Lehrkräfte ausführen sollen. Darüber hinaus bestehen natürlich weitere Maßnahmen zur Raumhygiene sowie zur Hygiene im Sanitärbereich.

Neben den folgenden Regelungen gilt natürlich: Wer sich krank fühlt oder Krankheitsanzeichen bei sich feststellt, sollte nicht in die Schule kommen. 

Abstandsregelung: 

Schüler und Lehrkräfte sollen mindestens 1,5 Meter Abstand voneinander halten können. Um das zu gewährleisten, werden u.a. diese Maßnahmen empfohlen: 

    • In den Unterrichtsräumen müssen Tische entsprechend platziert werden. 
    • Die Anzahl der Schüler pro Raum muss reduziert werden, d.h. Klassen müssen ggf. geteilt werden. 10-15 Schüler werden häufig als Obergrenze genannt.
    • Keine Partner-/Gruppenarbeit
    • Kein praktischer Sportunterricht
    • Planung der Wegeführung: eine „Einbahnstraßenregelung“ (wo möglich) oder direkter Zugang in Räume von außen.
    • Beaufsichtigung des Zugangs zu den Toiletten, damit sich dort nicht zu viele Schüler aufhalten.
      (Downloads für Türanhänger  zum Ausdrucken finden Sie hier und hier)
    • U.a. in Mecklenburg-Vorpommern sollen Lehrkräfte nach dem Unterricht die Einhaltung der Abstandsregelung an den Haltestellen beaufsichtigen. Mehr zu Thema erfahren Sie in unserem Beitrag „Aufsichtspflicht an Schulen“. 

Damit Ihre Schüler gleich wissen, welche Sitzplätze in den Unterrichtsräumen frei bleiben müssen, haben wir für Sie eine Kopiervorlage zum Ausdrucken erstellt:
Kopiervorlage: Bitte diesen Platz freihalten

Um die Abstandsregeln zu visualisieren, können Markierungen im Abstand von 1,5 Metern an relevanten Stellen helfen. In Form von  Pfeilen zeigen sie ide Laufrichtung an. Lochkegel können verschiedene Laufzonen voneinander trennen und als Abstandhalter fungieren. Eine gute Idee ist es auch, den Schülern vorab die Plätze zuzuweisen, damit jeder gleich weiß, wo er sitzt.

Maßnahmen zur Kontaktreduzierung:

    • Versetzte Pausenzeiten
    • Während der Pausen: Zuweisung bestimmter Bereiche für Lerngruppen, um Kontakte zwischen den Gruppen zu vermeiden
    • Zeitversetzter Unterrichtsbeginn
    • Minimierung der Laufwege: Vermeidung von Raumwechseln, d.h. eine Lerngruppe verwendet immer denselben Raum
    • Kein Pausenverkauf

Husten- und Nieshygiene

    • Von anderen Personen abwenden
    • Taschentücher nur einmal benutzen und gleich entsorgen
    • In die Armbeuge Husten bzw. Niesen, wenn kein Taschentuch zur Hand ist
    • Anschließend Händewaschen

Handhygiene

    • Regelmäßiges, gründliches Händewaschen zu bestimmten Anlässen ist neben der Abstandsregelung eine der wichtigsten Vorgaben. Eine Anleitung zum Händewaschen zum Ausdrucken finden Sie hier.
    • Bereitstellung von Flüssigseife und Einmalhandtüchern auf den Schultoiletten.  
    • In einigen Bundesländern sollen die Schüler nach dem Toilettengang sowie beim Betreten und Verlassen der Unterrichtsräume die Hände desinfizieren. In Mecklenburg-Vorpommern wird dagegen auf Handdesinfektionsmittel verzichtet, da die Gefahren die Vorteile überwiegen würden. 

Stoß- bzw. Querlüften der Räume 

Mindestens in jeder Pause sollen die Räume gelüftet werden, um einen Luftaustausch zu ermöglichen. Dabei sollen Fenster und Türen komplett geöffnet werden. 

Gesichtsmasken in der Schule?

Eine Maskenpflicht im Unterricht besteht derzeit nach unserem Kenntnisstand in keinem Bundesland. Einige Schulen in privater Trägerschaft haben allerdings eine Mundschutz-Pflicht für Schüler und Lehrkräfte eingeführt. 

Anders sieht es beispielsweise in Schulbussen und anderen Verkehrsmitteln des öffentlichen Nahverkehrs aus: In allen Bundesländern sind Gesichtsmasken dort bereits Pflicht oder werden es in den nächsten Tagen. 

Auf Wegen zu den Unterrichtsräumen, bei Toilettengängen oder in den Pausen, also immer wenn die Gefahr besteht, dass die Abstandsregelungen nicht sicher eingehalten werden könnten, werden Gesichtsmasken empfohlen.

Problematische Voraussetzungen an zahlreichen Schulen

    • Schon lange vor der Corona-Krise klagten Lehrkräfte, Schüler und Eltern, dass die sanitären Anlagen vieler Schulen marode seien. Vielerorts herrscht ein Sanierungsstau. Mehr dazu im Beitrag „Immer Ärger mit dem Schulklo“.
    • Nicht in allen Unterrichtsräumen sind Waschbecken installiert.
    • Auch Seife suchte man bisher auf zahlreichen Schultoiletten vergebens.
    • Oft steht nicht genug Geld für Reinigungspersonal zur Verfügung.
    • Fallen Lehrkräfte, die über 60 sind, Vorerkrankungen haben oder schwanger sind, aus, können viele Schulen deren Fehlen nicht kompensieren. 
    • Schwierige räumliche Voraussetzungen, wie kleine Unterrichtsräume oder ein Mangel an Unterrichtsräumen erschweren die Einhaltung der Vorgaben. Insbesondere, wenn Klassen geteilt werden müssen.

Vermittlung der Schutz- und Hygienemaßnahmen an Schüler

Die beschlossenen Maßnahmen bedeuten für Schüler und ihre Lehrerinnen und Lehrer eine weitreichende Veränderung des gewohnten Schulalltags. „Normaler“ Unterricht ist vermutlich kaum möglich. Aber auch die Pausen, der Kontakt zu den Mitschülern, die Wege zu den Unterrichtsräumen oder der Gang zur Toilette müssen jetzt anders ablaufen als bisher.

Einer der wichtigsten Punkte ist deshalb die Vermittlung der Vorgaben an die Schüler. Sie müssen verstehen, warum die Einhaltung der Schutz- und Hygieneregelungen zum eigenen Schutz und dem Schutz der Mitmenschen nötig ist. Die Schüler müssen also wissen, welche Regelungen es gibt und warum deren Befolgung geboten ist

Damit die Einhaltung bereits von Beginn an funktionieren kann, sollten Schüler und Eltern vorab schriftlich über die geplanten Schutz- und Hygienemaßnahmen in Kenntnis gesetzt werden. Zusätzlich informieren viele Schulen die ankommenden Schüler vor Betreten der Schule über die Verhaltensregelungen, die sie befolgen sollen. 

Umgang mit Ängsten und Sorgen

Die Krise mit all ihren Auswirkungen löst natürlich auch bei vielen Schülern Ängste und Sorgen aus. Mindestens ebenso wichtig ist deshalb, dass sie die Möglichkeit bekommen, über diese Gedanken zu sprechen. Es ist unter den gegebenen Voraussetzungen eine Herausforderung, eine positive, angstfreie Atmosphäre zu schaffen. Prägen Sorgen und Angst die Situation, ist kein Lernen möglich. Das ist auch ein Grund, warum viele Pädagoginnen und Pädagogen derzeit eine Abkehr von dem stark leistungsorientierten System für sinnvoll erachten.

Nicht überall funktionieren Abstimmung und Kommunikation  

Besonders in Nordrhein-Westfalen rief die kurze Vorbereitungszeit viel Kritik von Seiten der Eltern-, Schüler-, Schulleitungs- und Lehrerverbände hervor. Viele haben Sorge, dass die Schutz- und Hygienemaßnahmen nicht immer eingehalten werden können und die Zeit zu knapp ist, um alle Vorbereitungen zu treffen, weil beispielsweise bestelltes Material noch nicht da ist.

So rät die Schulleitungsvereinigung NRW (SLV) den Schulleitungen „im Zweifelsfall keine Maßnahmen zu vertreten und umzusetzen, die nicht zu 100 Prozent den Vorgaben entsprechen. Der Infektionsschutz steht in diesen Zeiten für uns alle an erster Stelle.“

Weiter heißt es: „Lassen Sie in den entscheidenden Fragen den Ball da, wo er gespielt werden muss: bei den Schulträgern, den Schulaufsichten und dem MSB! Dokumentieren und geben Sie alle Hindernisse, Schwierigkeiten und die Unmöglichkeit der Einhaltung von Vorgaben an diese weiter. Weisen Sie hin, nerven Sie, insistieren Sie, remonstrieren Sie!“

GEW-Landesvorsitzende Maike Finnern äußert gegenüber News4Teachers: „Unsere Kolleg*innen in den Schulen stellen im Rahmen ihrer Vorbereitung frustriert und zornig fest, dass sie den Gesundheitsschutz nicht gewährleisten können“

Verbände und Gewerkschaften scheinen hier nicht ausreichend in die Entscheidungen des Ministeriums für Schule und Bildung (MSB) eingebunden worden zu sein: „Landesregierung und Schulträger müssen dringend miteinander und nicht übereinander reden, um die Schulen zu unterstützen“, meint der Landesvorsitzende des VBE Stefan Behlau. 

Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) sicherte am 21.4. (zwei Tage vor der Wiedereröffnung der Schulen) zu, Schulen mit Materialengpässen durch die Bereitstellung von Bezugsquellen zu unterstützen. 

Aber auch in anderen Bundesländern läuft nicht alles rund: 

Der Brandenburgische Pädagogen-Verband (BPV) beklagt am 21.4., dass durch das Bildungsministerium nur ein grober Fahrplan für Schulöffnungen vorgegeben worden sei. Wie die nötigen Hygienemaßnahmen umgesetzt werden sollen, bleibe völlig offen. In der Presserklärung heißt es: „Dabei muss klar sein, dass nicht die Schulen die Voraussetzungen herstellen können. Hier müssen die Verantwortlichen der Kommunen dafür sorgen, dass vom Schulbus bis zum Klassenraum und natürlich den sanitären Einrichtungen in der Schule die Hygieneanforderungen erfüllt sind und täglich umgesetzt werden. Dies ist nicht Auftrag der Schulen!“

In Hessen mangelt es ebenfalls an konkreten Informationen: „Die Schulen warten ungeduldig auf Informationen aus dem Hessischen Kultusministerium (HKM) zur Organisation des Präsenzunterrichts ab der kommenden Woche“, so der VBE-Landesvorsitzende Stefan Wesselmann am 21. April. 

Auch eine Umfrage, die wir unter unseren Newsletter-Abonnenten und SocialMedia-Followern durchgeführt haben, zeigt, dass Sorgen in der Lehrerschaft zur Umsetzbarkeit der Vorgaben groß sind:

Es bleibt zu hoffen, dass die Schulöffnungen nicht zu früh kamen. Ein Vorteil, wenn auch ein etwas traurig stimmender, ist, dass viele Lehrerinnen und Lehrer Übung darin haben, mit begrenzten Mitteln und unter Zeitdruck flexibel und kreativ zu agieren und viel zu erreichen. Fair ist es jedoch nicht, dass nun so viel Verantwortung auf den Schultern von Schulleitungen und Lehrkräften abgelegt wird. Sollte die Situation an Ihrer Schule eine Umsetzung der Vorgaben nicht ermöglichen, bleibt der Rat der SLV NRW „Weisen Sie hin, nerven Sie, insistieren Sie, remonstrieren Sie!“
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