Tanja Bellinger ist seit rund 15 Jahren als Mittelschullehrerin in Bayern tätig. Seit 18 Jahren beschäftigt sie sich mit Themen rund um den Hund und leitete früher ihre eigene Hundeschule in München. Deshalb lag es nahe, ihre Leidenschaft zum Hund auch mit ihrem Beruf zu verbinden. Gemeinsam mit einer Hundetrainerin bietet sie Ausbildungskurse für Schulhund-Lehrkräfte im Südwesten Bayerns an.
Mehr über Tanja Bellinger und ihre Arbeit mit ihrer Hündin Polly finden Sie auf ihrem Instagram-Kanal: www.instagram.com/polly._.power/
Ausbildung und Arbeit mit dem Schulhund: Ich und mein Hund I – Mein Hund, der Spezialist
In meinem ersten Artikel "Hundgestützte Intervention im Unterricht" habe ich Sie bereits auf das umfangreiche kynologische Wissen hingewiesen, welches man sich als Schulhund-Lehrkraft aneignen sollte. Teil dessen ist auch das Wissen über rassespezifische Eigenschaften und ihre Bedeutung im Rahmen der Erziehung des Hundes.
Mein Hund, der Spezialist
In Deutschland leben nach Schätzungen des VDH (Verband für das deutsche Hundewesen) rund zehn Millionen Hunde, ein Großteil davon sind Rassehunde. Diese Hunde sind aufgrund von Auslese und Zucht zu wahren Spezialisten geworden.
Ob Hüte- oder Jagdhunde, und ja, selbst ihre Mischungen, jeder einzelne bringt ein ganz besonderes Talent mit, welches im (Schul-)Alltag unter Umständen zu Schwierigkeiten führen kann: Nervosität und Hektik bei Hütehunden, ausgeprägte Souveränität und Eigensinn bei Terriern oder auch die Verfressenheit von Labrador Retrievern sind genetisch bedingte Dispositionen, die der Mensch aus bestimmten Gründen in die jeweilige Rasse hineingezüchtet hat. In der Erziehung arbeiten wir also durchaus auch gegen die Genetik, um aus unseren Hunden alltagstaugliche Schulhunde zu machen.
An dieser Stelle sei auch der Hinweis zu sogenannten „Qualzuchten“ (Mops, Boxer, Französische Bulldogge u. v. m.) erlaubt. Hier handelt es sich um körperlich massiv eingeschränkte und oft kranke Tiere, deren Einsatz im Schulhunddienst aus meiner persönlichen Sicht hinterfragt werden sollte. Wir Lehrkräfte haben eine große Vorbildfunktion und sollten dies auch in unserer Rolle als Schulhund-Lehrkraft immer berücksichtigen. Ich möchte sogar so weit gehen und sagen, dass wir einen ganz eigenen Bildungsauftrag durch unsere Schulhundarbeit haben, weshalb auch das Hinterfragen so mancher Hundethematik (z. B. die Präsentation von Hunden auf Social Media oder Qualzucht) vor allem in den höheren Jahrgangsstufen Sinn macht. Auch im Sinne der OECD-Nachhaltigkeitsziele und ihrer Bedeutung für den Unterricht kann das gemeinsame Reflektieren des Verhaltens der Menschen gegenüber Tieren richtig und wichtig sein.
Hunde lesen lernen
Neben Rassekunde sind für mich auch eine gute Blickschulung bezüglich des hündischen Ausdrucks- und Kommunikationsverhaltens sowie das Verständnis zum Thema Jagdverhalten zwei weitere wichtige Aspekte des kynologischen Teils der Ausbildung.
Aber was hat nun Jagdverhalten mit Schulhundarbeit zu tun?
Im Schulalltag sind Schulhunde zahlreichen Bewegungsreizen ausgesetzt: umherlaufende, rennende oder ballspielende Kinder, Schülerinnen und Schüler auf Tretrollern oder Skateboards oder Gegenstände, die im Klassenzimmern herunterfallen.
Würde ein Hund hier fehlgeleitetes Beutefangverhalten zeigen, so kann dies im schlimmsten Fall zu schwersten Verletzungen am Kind führen. Die Kontrolle, einem Bewegungsreiz nicht nachzugehen, müssen Hunde lernen – Schulhunde ganz besonders. Auch das Hüteverhalten ist dem Jagdverhalten zugeschrieben, weshalb auch Aussie, Border Collie und Co. nicht gefeit sind vor solch Verhalten, wie eben beschrieben.
Zur Ruhe kommen – Schlüsselkompetenz für Schulhunde
Rasseunabhängig gibt es eine Sache, die wirklich jeder (Schul-)Hund von klein auf lernen sollte: Ruhe.
Hunde müssen es grundsätzlich erstmal akzeptieren, nicht dran zu sein und entspannen zu dürfen. Dies passiert nicht erst im Klassenzimmer, sondern muss auch im häuslichen Umfeld gelebt werden. Die ersten Male, wenn meine Hündin neu in einer Klasse zu Besuch ist, gilt es zunächst, „nur“ zur Ruhe zu kommen. Die Aktivierung (das „Hochdrehen“) des Hundes passiert im aktiven Einsatz sehr schnell – zur Ruhe zu kommen und auszuhalten, dass nichts Spannendes passiert, ist für den Hund (und oft auch für so manches Kind) die größere Herausforderung.
Ist der Schulhund auch mal Gast im Lehrerzimmer, so sollte auch hier auf Ruhe und Distanz geachtet werden. Die Herausforderung ist hierbei, die Kolleginnen und Kollegen „mitzunehmen“, auch, wenn sie sich mit Hunden nicht auskennen und den tierischen Besuch doch lieber streicheln würden.
Sie glauben nicht, wie viel Überzeugungsarbeit (oder auch Grenzsetzung) es manchmal braucht, um Menschen davon abzuhalten, einen Hund ständig anzugucken oder anzufassen.
In der Ausbildung lernen Sie, wie Sie mit solchen Situationen umgehen und welche Kniffe allen Beteiligten dabei helfen, dies umzusetzen.
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