
Schulbegleiter an Regelschulen für Kinder mit Förderbedarf

Das erfahren Sie in diesem Beitrag
Schulbegleitung für Schüler mit Förderbedarf
Seit Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention durch die Bundesregierung 2009 steht auch Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen der Besuch einer Regelschule offen.
Da die dortigen Lehrerinnen und Lehrer jedoch in der Regel keine Ausbildung als Sonderschullehrkraft haben und auch die Klassen teilweise viel größer sind als an Förderschulen, benötigen sie Unterstützung.
Auf der pädagogischen Ebene sollte dies durch Sonderpädagoginnen und -pädagogen geschehen. Leider scheint dies an vielen Schulen noch nicht in einem ausreichenden Maß der Fall zu sein. Eine gelungene Inklusion ist jedoch nur so zu erreichen.
Darüber hinaus benötigen behinderte und förderbedürftige Kinder häufig auch individuelle Hilfestellungen. Um die Beschulung im inklusiven Unterricht zu gewährleisten, kann eine Schulbegleitung beantragt werden.
Was ist ein Schulbegleiter?
Schulbegleiter, auch „Integrationshelfer“ und „Integrations-/Schulassistenz“ bieten mit der Schulbegleitung eine Form der Eingliederungshilfe an, die im Rahmen eines inklusiven Unterrichts angewandt wird. Sie ermöglichen Kindern mit körperlichen, geistigen oder seelisch-emotionalen Einschränkungen eine individuelle Unterstützung beim Schulbesuch.
Da im Rahmen der Inklusion der Bedarf an Schulbegleitern in allen Schulformen steigt, möchten wir im Folgenden einige Fragen rund um das Thema „Schulbegleitung“ beantworten:
Über welche Qualifikationen verfügen Schulbegleiter?
Da es keine spezielle Ausbildung zum Integrationshelfer bzw. Schulbegleiter gibt, fällt die Antwort auf diese Frage sehr unterschiedlich aus.
Wichtig ist, sich vorab darüber im Klaren zu sein, dass eine Schulbegleitung keine zweite Lehrkraft oder eine sonderpädagogische Förderung durch ausgebildete Sonderpädagogen ersetzt.
Es ist Schulbegleitern nicht erlaubt, pädagogische Aufgaben zu übernehmen (klar ist aber auch, dass das in der Praxis nicht immer einfach umzusetzen ist, da die Übergänge oft fließend sind)!
Schulbegleiter verfügen in der Regel nicht über entsprechende Qualifikationen, wie ein sozialpädagogisches Studium oder Lehramtsstudium. Angeboten werden lediglich Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen.
- Hilfskräfte ohne spezielle Ausbildung
Eine Schulbegleitung kann zum einen durch ungelernte Personen übernommen werden, die sich z. B. im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahrs oder im Bundesfreiwilligendienst engagieren möchten. Sie erhalten vorab oder begleitend Fortbildungen. - Qualifizierte Hilfs- oder Fachkräfte
Kinder mit größerem Förderbedarf sollten jedoch im (leider nicht immer eintretenden) Idealfall einer „qualifizierten Schulbegleitung“ zugeteilt werden. Das können beispielsweise Personen mit einer pädagogischen oder sozialen Ausbildung, wie Erzieher, Heilpädagogen oder Heilerziehungspfleger, sein.
Zweifellos können Integrationshelfer ohne Ausbildung tolle Arbeit leisten, in vielen Situationen wäre jedoch erlerntes und erprobtes psychologisches und pädagogisches Know-how hilfreich, um adäquat reagieren zu können.
Neben den nicht festgeschriebenen Qualifikationen ist es problematisch, dass Integrationshelfern üblicherweise nur die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden bezahlt werden. Das macht Aufgaben schwierig, die darüber hinaus wichtig wären (z. B. Austausch mit den Lehrkräften, Elternarbeit, Fortbildungen).
Was ist das Ziel einer Schulbegleitung?
Das Ziel einer erfolgreichen Schulbegleitung ist die Eingliederung des Schülers in die Klassen- und Schulgemeinschaft. Die Hilfestellungen sind auf die Befähigung zu möglichst selbstständigem Handeln ausgerichtet.
Integrationshelfer sollten das Kind deswegen nur unterstützen, wenn es eine Aufgabe oder Handlung nicht selbst bewältigen kann. Sobald das Kind manche Aufgaben ohne Hilfe schafft, kann sich der Helfer nach und nach etwas mehr zurückziehen.
Was sind die Aufgaben eines Schulbegleiters?
Die Aufgaben der Schulbegleiter sind v.a. pflegerischer Natur. Der Integrationshelfer unterstützt die Schüler im Unterricht bei Alltagssituation, der Organisation und Strukturierung von Aufgaben, der Kommunikation mit Mitschülern sowie Lehrerinnen und Lehrern und beugt Gefahrensituationen vor.
Schulbegleiter können u.a. folgende Aufgaben übernehmen:
- Personenbetreuung: Schulbegleiter betreuen Schüler auch in Situationen, in denen nicht immer eine Lehrkraft anwesend ist: in den Pausen, auf dem Schulweg, im Schulgebäude, während Klassenfahrten oder anderen schulischen Veranstaltungen.
- Individuelle Unterstützung: Die Art der Unterstützung ist immer von dem individuellen Bedarf des Schülers abhängig. Die Hilfe bei der Verwendung von Werkzeugen und Geräten, beim Umziehen für den Sportunterricht oder beim Toilettenbesuch können beispielsweise bei körperlich eingeschränkten Kindern dazu zählen.
- Kommunikationshilfe: Besonders autistische Schüler benötigen oft Hilfe bei der Kommunikation mit den Mitschülern und den Lehrerinnen und Lehrern.
- Aufsichtsperson: Für manche Kinder sind immer wieder Auszeiten nötig, in denen sie mit dem Schulbegleiter den Unterrichtsraum verlassen können. Sie achten darauf, dass der Schüler sich nicht in gefährliche Situationen bringt oder das Schulgelände verlässt.
- Schaffen von Verständnis: Haben die Schüler Schwierigkeiten, Regeln einzuhalten, helfen Schulbegleiter die Regelverletzungen besser wahrzunehmen, Regeln zu verstehen und besser befolgen zu können.
- Hilfe bei Stressbewältigung: Dazu zählt es auch, den Schülern aufzuzeigen, wie sie stressbehaftete Situationen umgehen können, die Arbeit an der Frustrationstoleranz und der Bewältigung von Stress.
- Konzentrationshilfe: Sie unterstützen den Schüler, möglichst konzentriert und fokussiert am Unterricht teilzunehmen.
- Emotionaler Beistand: Schulbegleiter können darüber hinaus Halt geben, wenn die Schüler emotionalen Beistand benötigen.
- Rückhalt schaffen: Die Anwesenheit vertrauter Schulbegleiter soll den Schülern Sicherheit geben.
Schulbegleiter beantragen
Schulbegleiter können beim Sozialamt oder beim Jugendamt beantragt werden. Das Sozialgesetzbuch (SBG) gibt zudem im Rahmen der „Eingliederungshilfe“ vor, wann ein Kind ein Anrecht auf eine Schulbegleitung hat.
Wann kann eine Schulbegleitung beantragt werden?
Als Form der „Eingliederungshilfe“ ist die Schulbegleitung im Sozialgesetzbuch (SGB) geregelt.
- Anspruch auf eine Schulbegleitung haben zum einen Kinder mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung: § 54 „Leistungen der Eingliederungshilfe“, SGB XII und §12 „Schulbildung“, Verordnung nach § 60, SGB XII. 2020 sollen die Regelungen in den Kontext des SGB IX überführt werden.
- Die Eingliederungshilfe kann auch für Kinder mit einer seelischen Behinderung (wie AD(H)S oder Formen von Autismus) beantragt werden sowie für Schüler, die von einer seelischen Behinderung bedroht sind. Die genaue Regelung ist in § 35a „Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche“, SGB, VIII ausgeführt. Dort wird erläutert, dass „Kinder oder Jugendliche [von einer seelischen Behinderung bedroht sind], bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.“
Was muss bei der Antragsstellung beachtet werden?
Die Länder oder Schulträger übernehmen derzeit nicht die Kosten für eine Schulbegleitung. Anträge müssen deshalb beim Sozialamt (bei körperlichen oder geistigen Behinderungen) bzw. beim Jugendamt (bei seelischen Behinderungen) gestellt werden.
Um alle nötigen Unterlagen vollständig einzureichen, sollten sich die Eltern als Antragssteller beim zuständigen Sozial- bzw. Jugendamt erkundigen.
Neben einer Stellungnahme der Schule sowie der Eltern, in der sie beschreiben, welche Unterstützung ihr Kind benötigt, stellt üblicherweise ein ärztliches oder kinder- bzw. jugendpsychiatrisches Gutachten die Grundlage eines Antrags dar. In dem Gutachten werden ggf. eine Diagnose sowie der Bedarf an Unterstützung in der Schule festgestellt.
Ohne eine ärztliche Diagnose gewähren die Ämter in der Regel keine Schulbegleitung – selbst wenn Schüler aggressiv, stark verhaltensauffällig, lern- oder sozial benachteiligt sind.
Für Lehrerinnen und Lehrer, Mitschüler, Schülereltern und nicht zuletzt auch die Schüler, die aufgrund ihres Verhaltens immer wieder anstelle des Unterrichts im Mittelpunkt stehen, ist diese Regelung nicht immer nachvollziehbar. Betroffenen erscheint die Entscheidung häufig willkürlich, ob ein Kind eine Schulbegleitung erhält oder nicht.
Der deutlich gestiegene Bedarf an Schulbegleitern stellt auch die Ämter vor die schwierige Aufgabe, sowohl ausreichende finanzielle Mittel aufzutun als auch geeignete Fachkräfte zu finden, was auch aufgrund niedriger Stundensätze nicht einfach ist.
Selbst wenn ein Antrag positiv beschieden wird, kommt es deswegen teilweise zu langen Wartezeiten bis die Schulbegleitung tatsächlich starten kann.
Sind Schulbegleiter die Lösung für einen gelungenen inklusiven Unterricht?
Als Lehrerin bzw. Lehrer von 20 bis 30 Schülern ist es schlicht nicht möglich, einzelnen speziell förderbedürftigen Schülern die Aufmerksamkeit zu widmen, die sie bräuchten. Zum einen würde der Unterricht leiden, zum anderen würden auch die übrigen Schüler irgendwann unruhig werden und zu stören beginnen.
Wer ständig zerrissen ist, zwischen den Anliegen des förderbedürftigen Kindes und der übrigen Klasse, steht auch bei größtem Engagement vor einer praktisch unlösbaren Aufgabe.
Lehrerfortbildungen zum Umgang mit auffälligen Schülern können hilfreiche Tipps geben, das Hauptproblem ist aber häufig, dass eine Person allein, egal wie gut geschult, nicht ausreicht. Dazu kommt häufig Druck seitens der Eltern, die sich für ihr Kind natürlich eine gute Lernatmosphäre wünschen.
Eine Schulbegleitung stellt eine Übergangslösung dar, die es diesen Kindern ermöglicht, am Unterricht in Regelschulen teilzunehmen und sich durch die Hilfe des Schulbegleiters dem System anzupassen. Grundsätzlich sollte das Ziel aber sein, dass sich das Schulsystem den Kindern anpasst.
Für einen erfolgreichen inklusiven Unterricht wären zwei Lehrkräfte nötig und eine sonderpädagogische Ausbildung bei einer der Lehrpersonen darüber hinaus hilfreich.
Bis dahin stellt die Schulbegleitung eine gute Möglichkeit dar, dass auch Kinder mit seelischen und Körperlichen Behinderungen oder seelisch-emotionalen Einschränkungen am Unterricht in Regelschulen teilnehmen können. Wie Dr. Wolfgang Dworschak in seinem Artikel auf der Seite www.familienhandbuch.de schreibt, sollte darauf geachtet werden, dass die dauerhafte Begleitung durch einen Erwachsenen die Interaktion mit den Mitschülern und damit die soziale Integration nicht beeinträchtigt. Durch Pool-Lösungen, bei denen ein Schulbegleiter mehrere Kinder betreut, können diese Situationen vermieden werden.
Obwohl meist einige Hürden überwunden werden müssen, kann am Ende dieses Weges eine bereichernde Zusammenarbeit mit den Schulbegleitern stehen. Die Unterstützung der Schulbegleitung entlastet Sie, hilft dem Schüler bei der Eingliederung in die Klasse und sorgt für ein gesundes Klassenklima.
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