
Mathematik für DaZ-Schülerinnen und -Schüler: Tipps für sprachsensible und abwechslungsreiche Methoden

Eine Doppelstunde Mathematik steht an – dies ist im ersten Moment von außen betrachtet keine besonders ungewöhnliche Sachlage im schulischen Alltag.
Beim genauen Durchdenken dieser Situation aus Sicht von Lehrerinnen und Lehrern, wissen Sie schon vor dem eigentlichen Start in die Doppelstunde, dass diese aus mindestens zwei Gründen herausfordernd werden könnte: Einerseits aus mangelnden motivationalen Gründen, andererseits sind sprachliche Barrieren so präsent bzw. Sprachstände auf derart unterschiedlichen Niveaustufen, dass Sie Ihr Material theoretisch ein duzendfach differenzieren müssten, um wirklich allen Schülerinnen und Schülern gerecht zu werden.
Nun stellt sich die Frage, wie wir als Lehrpersonen es schaffen können, unsere Schülerinnen und Schüler inhaltlich und gleichzeitig auch sprachlich dort abzuholen, wo sie gerade stehen? Und ist es möglich, dass sie daran sogar noch ein klein wenig Spaß haben?
Der folgende Beitrag setzt sich mit genau dieser Thematik auseinander und beleuchtet nach einem theoretischen Input über sprachsensiblen Fachunterricht im Allgemeinen kleine, sprachsensible Mathematik-Methoden näher, deren Einsatz sowohl für den Anfangsunterricht als auch für Schülerinnen und Schüler in etwas höheren (Regel-)Klassen denkbar wären.
1. Möglichkeiten einer sprachsensiblen Unterrichtsgestaltung im Fach Mathematik
Die folgenden Ideen sind direkt einsetzbare Beispiele, wie Sie Ihre Schülerinnen und Schüler im Fach Mathematik inhaltlich und sprachlich fördern und fordern sowie zugleich motivieren können. Bei einigen Methoden bedarf es vorab keiner intensiven Vorbereitung – Sie können diese auch spontan in Ihr Unterrichtsgeschehen einplanen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, die ein oder andere Methode für beinahe alle Themenbereiche im Fach Mathematik einzusetzen.
Buchstaben-Durcheinander
So funktioniert es: Sie geben eine selbst gewählte Anzahl an Buchstaben vor, aus denen Ihre Schülerinnen und Schüler Wörter (aus dem aktuellen Wortschatz) zusammenpuzzeln sollen.
So könnte das beispielsweise aussehen:
Der Arbeitsauftrag dazu könnte offen gestellt sein: „Bilde aus diesen Buchstaben „Mathematik-Wörter“. Wie viele findest du?“ Oder Sie fragen gezielt nach den Wörtern aus dem aktuellen Wortschatz und stellen die Aufgabe so: „Bilde aus diesen Buchstaben Wörter zum Thema „Grundrechenarten“. Wie viele findest du?“ Genauso denkbar wäre es, dass Wörter aus dem Wortspeicher zusammengepuzzelt werden sollen. Mehr zum Thema Wortspeicher finden Sie im Punkt 4 dieses Beitrags.
Möglichkeiten der Weiterarbeit: Die im Plenum gesammelten Wörter können – je nachdem, wie Sie das schon im Unterricht behandelt haben – nach Wortarten sortiert werden, mit bestimmtem/unbestimmtem Artikel versehen werden, nach dem Alphabet sortiert werden, konjugiert werden usw. Ihren Ideen sind keine Grenzen gesetzt :)
10 Wörter-Merktraining
Hierbei handelt es sich um ein Konzentrationsspiel, welches wunderbar in so ziemlich allen Unterrichtsfächern und -inhalten angewendet werden kann. Sie suchen sich 10 Wörter aus dem aktuellen Wortschatz bzw. zum aktuellen Themengebiet aus und erstellen für sich selbst eine Wörterliste von 1 bis 10.
Im Anschluss daran schreiben Ihre Schülerinnen und Schüler auf einem Blockblatt oder in einem Übungsheft die Nummern 1 bis 10 auf und legen ihre Stifte weg. Sie lesen langsam der Reihe nach Ihre ausgewählten zehn Wörter vor und die Klasse prägt sich so viele Wörter wie möglich ein. Nach dem zehnten Wort nehmen die Schülerinnen und Schüler ihre Stifte und schreiben alle Wörter auf, die sie sich gemerkt haben. Dann wird verglichen und mit den Wörtern weitergearbeitet.
So könnte beispielsweise ein 10-Wörter-Merktraining im Fach Mathematik zum Thema „Winkel und Kategorien“ aussehen:
- Winkel
- Geodreieck
- messen
- Kategorie
- spitz
- Grad
- Nulllinie
- stumpf
- gestreckt
- ablesen
Möglichkeiten der Weiterarbeit: Wie auch schon beim Buchstaben-Durcheinander sind die Möglichkeiten der Weiterarbeit vielfältig:
- Die SuS könnten in eigenen Worten erklären, wann ein Winkel spitz, stumpf und gestreckt ist
- Die Verben „messen“ (unregelmäßig) und „ablesen“ (trennbar) können in die verschiedenen Personalpronomen gesetzt werden
- Die Nomen sollen mit den bestimmten und unbestimmten Artikeln versehen werden
- Am Ende der Unterrichtsstunde können die zehn Wörter erneut abgefragt werden – ganz im Sinne „… und wie viele Wörter weißt du jetzt noch?“
- usw.
Einmaleins-Kreuzworträtsel
Das Einmaleins ist die Grundlage für viele mathematische Vorgänge und spätere Lerninhalte. Um ein bisschen weg vom monotonen Aufsagen von Einmaleinsreihen zu kommen und dieser doch etwas demotivierenden und „trockenen“ Thematik ein bisschen Spaß und Abwechslung zu verleihen, bietet sich die Arbeit mit „Einmaleins-Kreuzworträtseln“ an. Hierbei wird das Berechnen der Ergebnisse und die korrekte Schreibung dieser kombiniert.
Beispiel für ein solches Kreuzworträtsel
Dieses steht zum kostenlosen Download zur Verfügung. Viel Spaß beim Knobeln :)
Suchsel/Buchstabensalat
Der Einsatz von Suchseln ist in beinahe jeder Phase des Unterrichts denkbar. Sie können sie beispielsweise als kleines Warm-up zum Stundenbeginn, als Konzentrationsübung zwischendurch, aber genauso gut am Ende einer Unterrichtsstunde, wenn noch Zeit übrig ist, einplanen. Erfahrungsgemäß sind Buchstabensalate beliebte Aufgaben für die „fast finisher“, die sich – während die Mitschülerinnen und Mitschüler noch an der eigentlichen Aufgabe arbeiten – mit einem Suchsel beschäftigen dürfen.
So könnte ein Suchsel im Fach Mathematik (zur Veranschaulichung mit Lösung) in der Praxis aussehen:
Sollten Sie zu Ihrem gewünschten Thema kein bereits erstelltes Suchsel online finden, können Sie mithilfe eines Suchsel-Generators Ihr eigenes Arbeitsblatt im Handumdrehen erstellen und direkt als PDF-Datei mit Lösung ausdrucken.
Punktebilder/„Von-Punkt-zu-Punkt-Bilder“
Gerade für Ihren Anfangsunterricht mit Sprachneulingen eignen sich Übungen dieser Art besonders gut, denn inhaltlich wird im Fach Mathematik erst einmal mit den Zahlen/Zahlenfolgen angefangen. Alle Punkte sind mit Ziffern beziehungsweise Zahlen versehen, die der Reihenfolge nach richtig miteinander verbunden werden sollen. Wurde dies richtig gemacht, kommt am Ende der Übung ein Muster oder ein Bild heraus. Auf diese Weise können Sie die Phase der Kontrolle in kürzester Zeit erledigen, denn wenn das Bild fehlerhaft ist, sehen Sie oder sogar die Schülerinnen und Schüler das selbst relativ schnell.
Hier gibt es fertige Punktebilder zum kostenlosen Download:
Rechenmalblatt/Rechenmandala
Rechenmalblätter oder -mandalas eignen sich für Schülerinnen und Schüler aus eher niedrigeren Klassenstufen. Sie verbinden das Rechnen mit einem Bild, welches nach Vorgaben auszumalen ist. Rechenmandalas gibt es für ziemlich viele grundlegende „Mathe-Basics“ zum kostenlosen Download auf diversen Grundschulseiten. Die Kolleginnen und Kollegen haben ihr Material optisch wunderbar aufbereitet und dankenswerterweise zur Verfügung gestellt.
Hier finden Sie zwei Arbeitsblätter für die 1. und 2. Klasse
Passendes Material bietet auch der Blog "Ideenreise" an: Rechenmalblätter
„Wort-Wolken“
Die Methode der „Wort-Wolke“ ist vereinfacht ausgedrückt eine schnelle und einfach vorzubereitende Vorgehensweise, um den Wortschatz spielerisch zu üben und zu intensivieren. Gleichermaßen wird auch der Begriff „Purzelwort“ verwendet. Je nachdem, für welche äußere Form Sie sich entscheiden. Sie können um die Buchstaben herum auch Sonnenblumen oder Kugelfische zeichnen, das liegt ganz bei Ihnen. Bei einer Wort-Wolke wird das abgefragte Wort in seine einzelnen Buchstaben zerlegt. Anhand dieser sollen Ihre Schülerinnen und Schüler erkennen, um welchen Begriff es sich (aus dem aktuellen Wortschatz) handelt.
Hinweise:
- Sie können zu Differenzierungszwecken den ersten Buchstaben fett markieren oder einkreisen.
- Kombinieren Sie Einheiten dieser Art auch gern mit Ihrem Wortspeicher, der im Klassenzimmer visualisiert an der Mathematik-Pinnwand hängt.
- Knüpfen Sie an die Korrekturphase an, indem sie mit den gefundenen Wörtern weiterarbeiten.
- Fügen Sie ein oder zwei bekannte Wörter aus bereits früher behandelten Themen der Mathematik ein und lassen Sie sie von Ihren Schülerinnen und Schülern in eigenen Worten im Sinne einer ganzheitlichen Wiederholung erklären.
Hier sehen Sie ein mögliches Beispiel aus dem Bereich Geometrie – Grundkonstruktionen mit dem Zirkel:
Wortspeicher im Klassenzimmer: Nützliche Links für Ihre Unterrichtspraxis
Ein Wortspeicher ist eine im Klassenzimmer visualisierte Sammlung der aktuellen Wörter zu einem bestimmten Thema. Wortspeicher lassen sich für alle Unterrichtsfächer anlegen. Die Einbindung und der Gebrauch von Wortspeichern bringen für Ihren Unterrichtsalltag zahlreiche Vorteile:
Wortspeicher …
- … geben unseren Schülerinnen und Schülern Orientierung und Struktur
- … geben Sicherheit, wenn unseren Sprachenlernenden einmal die „Worte fehlen“ sollten
- … führen zu Erfolgen im individuellen Sprachlernprozess
- … können gemeinsam erstellt werden
- … lassen Differenzierungsmaßnahmen zu (bebildert, mit Symbolen versehen, die Anzahl an Wörtern usw.)
Tolles Material finden Sie beispielsweise auf dem Ideenreise-Blog oder dem Blog von Frau Locke.
2. Sprachsensibel unterrichten – eine Aufgabe aller Unterrichtsfächer
Sprachliche Bildung sollte nicht nur im Fach Deutsch beziehungsweise Deutsch als Zweitsprache stattfinden. Auch in anderen Unterrichtsfächern (bspw. Mathematik, Geographie, Natur und Technik usw.) sollten sich unsere Schülerinnen und Schüler ganz bewusst mit der Fachsprache auseinandersetzen, damit sie dem Unterrichtsgeschehen folgen können.
In einem sprachsensiblen Fachunterricht werden demnach fachsprachliche Kompetenzen vermittelt, die wichtig sind, um den Unterrichtsgegenstand des Faches zu verstehen, zu reflektieren und anzuwenden. Ein Unterricht, der sprachsensibel ist, stellt also ganz bewusst die Sprache in den Fokus, sodass unseren Sprachenlernenden fachliches Lernen leichter fällt, denn oftmals scheitert es gerade in Sachfächern nicht am nötigen Fach-, sondern am mangelnden Sprachverständnis.
Mehr dazu im Beitrag „Tipps für einen gelungenen sprachsensiblen Fachunterricht“.
3. Was genau macht die Fachsprache so schwierig?
Damit Sie Ihren Fachunterricht sprachsensibel gestalten und anbieten können, empfehle ich Ihnen, sich vorab mit der sprachlichen Komplexität der Fachsprache zu beschäftigen. Es geht nämlich nicht nur darum, dass der Fachwortschatz schwieriger ist als der Alltagswortschatz, zusätzlich gibt es noch zahlreiche weitere sprachliche Merkmale, die zwar auch Teil der Allgemeinsprache sind, im Kontext des Fachunterrichts aber besonders häufig auftreten.
Dazu zählen unter anderem diese:
- Fremdwörter und Abstrakta
- Nominalisierungen (z. B. beim Einfrieren, beim Erhitzen, beim Auspressen)
- Gebrauch von Genitiven (z. B. der Schnabel des Vogels, der Stängel der Blume, Feinde des Schmetterlings)
- Adjektive, die nicht oft im Alltag gebraucht werden (z. B. ätzend)
- Komposita (z. B. Federkleid, Ameisenhügel)
- Häufiger Gebrauch von Passivformen
- Imperativformen (z. B. stellt euch vor, bedenke)
- Wörter, die logische Verknüpfungen signalisieren (z. B. demnach, folglich)
- Verschachtelte Satzstrukturen, die das Verständnis enorm erschweren
- Wörter mit mehreren Bedeutungen (z. B. brennen: die Glühbirne brennt, Alkohol brennen, Kalkbrennen, Brennstäbe)
- Fachtexte sind meist unpersönliche Texte
- Verwendung unterschiedlichster Darstellungsformen (z. B. Formeln, Tabellen, Grafiken)
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