Linkshänder in der Grundschule: So helfen Sie linkshändigen Kindern, Herausforderungen zu meistern
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Linkshänderinnen und Linkshänder leben in einer Welt, die auf Rechtshändigkeit ausgerichtet ist. Schon in der Grundschule gibt es viele Herausforderungen: Viele Materialien wie Füller, Schreibblöcke, Ordner oder Lernhefte sind auf Rechtshänderinnen und Rechtshänder zugeschnitten. Die Motivation kann leicht in Frustration umschlagen, wenn die Kinder wegen einer verkrampften Handhaltung beim Schreiben Schmerzen haben, das Geschriebene verwischen und nur krakelige Buchstaben zustande bringen.
Als Lehrerinnen und Lehrer können Sie dazu beitragen, dass auch linkshändige Schülerinnen und Schüler die gleichen Chancen auf erfolgreiches Lernen haben. Um dies zu erreichen, ist es wichtig, sich ihrer Bedürfnisse bewusst zu sein und entsprechende Unterstützung anzubieten.
Warum haben wir alle eine bevorzugte Hand?
Wie sich die Präferenz für eine Hand entwickelt, konnte die Wissenschaft noch nicht komplett entschlüsseln. Vieles deutet darauf hin, dass die Gehirne von links- und rechtshändigen Menschen unterschiedlich organisiert sind, und dass Linkshänderinnen und Linkshänder eine dominante rechte Großhirnhälfte aufweisen, während es bei Rechtshänderinnen und Rechtshändern die linke Hälfte ist.
Mit dem Wissen, dass die Händigkeit in unserem Gehirn verankert ist, wird schnell klar, wie problematisch eine erzwungene Änderung der Schreibhand ist. In Deutschland gilt die Umerziehung inzwischen als Körperverletzung, da sie schwerwiegende Folgen nach sich ziehen kann:
- Konzentrationsstörungen
- feinmotorische Schwierigkeiten
- schulische Probleme (Schwierigkeiten beim Lesen- und Schreibenlernen)
- Frustration, Unsicherheiten, geringes Selbstwertgefühl
- langfristige psychische Auswirkungen (negatives Selbstbild, emotionale Probleme, Depressionen)
Wie hoch ist der Anteil von Linkshänderinnen und Linkshändern?
Eine Auswertung von fünf Metaanalysen zur Handpräferenz bei verschiedenen manuellen Aufgaben, die 2020 im Psychological Bulletin veröffentlicht wurde, ergab, dass etwa 10,6 % die linke Hand bevorzugen. Da der Gebrauch der linken Hand zum Schreiben in vielen Regionen lange Zeit unterdrückt wurde, ist der tatsächliche Anteil wahrscheinlich höher. Auch nicht explizites Modelllernen und Materialien, die nur rechtshändig genutzt werden können, können dazu beitragen, dass bei manchen Handlungen die rechte Hand genutzt wird, obwohl eine Präferenz für links besteht.
In einer Schulklasse befinden sich also durchschnittlich zwei bis drei Linkshänderinnen und Linkshänder unter Ihren Schülerinnen und Schülern.
Wie Sie linkshändige Kinder im Unterricht unterstützen können
Der einfachste Weg, um herauszufinden, welche Schülerinnen und Schüler eine dominante linke Hand haben, ist, die Kinder und ihre Eltern zu fragen.
Nicht immer zeigt sich die Händigkeit in der ersten Klasse aber bereits eindeutig. Wer ganz sicher sein will, sollte einen professionellen Test bei einem Arzt oder einer zertifizierten Fachkraft im Bereich Linkshänderberatung durchführen lassen.
Erste Hinweise können ein Klatschtest und ein Greiftest geben:
- Klatschtest: Beobachten Sie, welche Hand das Kind beim Klatschen ruhig hält und welche die Klatschbewegung ausführt. Diese ist meist die dominante Hand.
- Greiftest: Mit welcher Hand greift das Kind wiederholt nach Gegenständen? Was passiert, wenn Sie dem Kind den Gegenstand in die andere Hand legen? Zeichnet sich eine klare Tendenz ab und wechselt das Kind den Gegenstand von der vermeintlich schwächeren in die andere Hand?
Auch mein Kollege Christoph von Betzold TV ist Linkshänder. Seine Tipps sehen Sie hier:
1. Es gibt keine „bessere“ Hand!
Wenn Kinder zur Begrüßung die linke Hand hinhalten, hören sie noch immer häufig, dass sie doch die „schöne“ Hand geben sollten. Aufklärung darüber, dass es völlig normal ist, linkshändig veranlagt zu sein, ist wichtig für die Kinder und manchmal auch deren Eltern.
Am Beispiel berühmter Linkshänderinnen und Linkshänder können Sie den Schülerinnen und Schülern zeigen, dass sie sich damit zum Beispiel in der Gesellschaft von Lady Gaga, Albert Einstein, Justin Bieber, Julia Roberts, Lionel Messi oder den Simpsons befinden.
2. Die passende Sitzordnung
Damit die Schülerinnen und Schüler sich nicht mit den Ellenbogen beim Schreiben in die Quere kommen, sollten linkshändige Kinder immer auf der linken Seite sitzen.
3. Ergonomische Schreibhaltung
Linkshändige Kinder haben es besonders beim Schreiben schwer: Man sieht nicht, was man schreibt, verwischt leicht die Tinte mit dem Arm und einige Schülerinnen und Schüler haben Probleme mit einer unnatürlichen, verkrampften Handhaltung, die zu Schmerzen führen kann.
Im Unterschied zu rechtshändigen Kindern müssen sie den Stift beim Schreiben schieben und nicht nachziehen, was deutlich einfacher ist. Diese Schwierigkeiten und eine krakelige Schrift führen bei den Kindern häufig zu Frust und Schreibunlust.
Mit ein paar kleinen Hilfestellungen können Sie die Kinder bei diesen Problemen unterstützen:
- Die rechte Hand fixiert das Blatt.
- Das Blatt oder Heft leicht schräg ausrichten, sodass die linke Ecke etwas oberhalb der rechten liegt. Um die passende Ausrichtung leichter zu finden, gibt es Schreibunterlagen, auf denen sie eingezeichnet ist. Alternativ können Sie die Ausrichtung auch mit einem Klebeband auf dem Tisch markieren. Dadurch wird die sogenannte „Hakenhaltung“ der Hand vermieden, bei der sich der Arm um das Blatt herum legt.
- Das Blatt bzw. Heft immer auf die linke Seite schieben.
- Weiche Stifte erleichtern das Schreiben mit der linken Hand, bei der der Stift geschoben, nicht gezogen wird.
4. Geeignetes Material
- Stifte: Bunt- und Bleistifte gibt es inzwischen als Dreikantstifte. Diese erleichtern eine gute Stifthaltung.
- Schreibhilfe: Eine weiche Schreibhilfe, die auf den Stift geschoben wird, kann die Schreibhaltung ebenfalls unterstützen.
- Füller: Viele Linkshänderinnen und Linkshänder haben Probleme, mit einem Füller zu schreiben. Es gibt spezielle Linkshänder-Füller, aber auch Tintenroller können eine gute Alternative sein.
- Scheren: Linkshänder-Scheren sind für linkshändige Kinder ein unverzichtbares Werkzeug.
- Computer-Arbeitsplatz: Wichtig ist hier, dass die Maus auf der linken Seite und für die linke Hand geeignet ist. Bei Tastaturen für Linkshändige liegt der Nummernblock auf der linken Seite und erleichtert die Nutzung.
- Schreibblock: Wer mit links schreibt, kennt das Problem: Die Schreibhand liegt immer auf der Ringbindung auf und wenn man den Block umdreht, ist die Lochung auf der falschen Seite. Abhilfe schaffen hier ebenfalls Varianten für Linkshändige.
- Arbeitshefte zum Schreibenlernen: Üblicherweise sind in Arbeitsheften für Schreibneulinge die Buchstaben und Worte, die nachgeschrieben werden sollen, links abgedruckt. Wer mit der linken Hand schreibt, verdeckt die Vorlage mit dem Arm und sieht sie nicht. Einige Verlage haben deshalb Lernhefte speziell für Linkshänderinnen und Linkshänder.
- Weiteres Material: Auch Spitzer, Lineale, Instrumente wie Blockflöten und Reißverschlüsse an Mäppchen gibt es speziell für linkshändige Schülerinnen und Schüler.
In einem Bereich haben Linkshänderinnen und Linkshänder aber Vorteile: In vielen Sportarten wie Tischtennis, Boxen und allgemein Ballsportarten ist der Anteil von linkshändigen (und linksfüßigen) Spitzensportlerinnen und -sportlern besonders hoch.
Quellen
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