Aktiv die Lehrergesundheit erhalten und fördern
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Wie bleibt man als Lehrer gesund?
Gastbeitrag von Lehrer|Schüler
Eines der am sträflichsten vernachlässigten Themen in der Lehrerausbildung ist das Thema „Erhalt der Lehrergesundheit“. Wenn es überhaupt besprochen wird, dann oft als Füllthema nach Abschluss der eigentlichen Ausbildung, in den letzten Seminarsitzungen vor der Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst und meist reduziert auf das Thema „Burnout“. Lehrer|Schüler plädiert dafür, dem Thema Lehrergesundheit den Stellenwert einzuräumen, der ihm gebührt – auch außerhalb der Lehrerausbildung.
Die Lehrerausbildung als Auftakt in ein belastendes Berufsleben?
Eines der größten Missverständnisse in der Lehrerausbildung ist es, dass man in vielen Seminaren zu glauben scheint, angehende Lehrkräfte „abhärten“, sie mit der Rute der Notengebung in „das System“ einpassen und „beamtentauglich“ machen zu müssen, indem man die Ausbildung als psychisches Boot-Camp gestaltet.
In unserer Beratung für Referendare und angehende Lehrkräfte melden sich täglich unzählige unzufriedene, outgeburnte, desillusionierte und teilweise sogar psychisch angeschlagene Lehrer aller Alters- und Erfahrungsstufen, die davon berichten, dass sie im Referendariat oder im Lehreralltag an ihre Grenzen (und teils darüber hinaus) getrieben wurden und werden.
Durch eine hammerharte „Bestenauslese“, die meist vor allem darin besteht, die Note – das noch immer einzig relevante Einstellungskriterium – festzulegen, werden in jedem Durchlauf hunderte von Lehrern auf ein Berufsleben vorbereitet, das in den meisten Fällen nie wieder derart intensiv und problembeladen sein wird wie in dem ganz besonderen Kosmos Referendariat.
Unserer Erfahrung nach wird schon in der Ausbildung zur Lehrkraft vielerorten der Grundstein dafür gelegt, dass die Lehrergesundheit dauerhaft Schaden nimmt. Wer bereits „angeknackst“ in das Berufsleben einsteigt, hat keine guten Karten, seiner Arbeit dauerhaft erfolgreich nachzugehen, ohne mit seiner eigenen Kraft und Energie dafür zu bezahlen.
Lehrergesundheit ist mehr als die Vermeidung von Krankheit
Burnout ist bekanntermaßen die Berufskrankheit Nummer 1 unter Lehrern – nicht nur in dieser Berufsgruppe, aber sie ist doch unter Pädagogen deutlich vorherrschend. Die Frage, die man sich dringend stellen muss, ist, warum das so ist und ob das unabwendbar ist. Dabei ist Burnout in der Regel ein Zustand, der eigentlich schon das Ende einer Entwicklung beschreibt. Es ist Zeit, sich nicht erst über das Resultat einer Negativspirale Gedanken zu machen, sondern an der Wurzel allen Übels anzusetzen.
Äußerst beliebt im Rahmen der Beratungstätigkeit von Lehrer|Schüler ist – leider – unser Angebot eines Praxiscoachings für Lehrer zum Thema Lehrergesundheit und Work-Life-Balance. Ins Leben gerufen haben wir dieses ursprünglich, nachdem Anfragen wie „Suizidgedanken Referendariat“, „als Lehrer kündigen“, „Ausstieg aus dem Lehrerberuf“ und „Überforderung als Lehrer“ wochenlang zu den Top-Suchbegriffen der Besucher unserer Seite gezählt hatten. An dieser Auflistung der Essenz der Erfahrungen von Junglehrern nach oft nur wenigen Berufsjahren und an den Schilderungen von Referendaren über Ablauf und Inhalte ihrer Seminare zeigt sich eines der Hauptprobleme des Lehrerberufs.
„Lehrergesundheit“ ist mehr als nur die Vermeidung von Krankheit, sondern es sollte eigentlich darum gehen, einen Nährboden für positive Erlebnisse, den Aufbau eines robusten Nervenkostüms und einer starken psychischen Verfassung allgemein zu schaffen. Was unter Waldorfpädagogen längst als „Salutogenese“ bekannt und beliebt ist, ist bei vielen Lehrkräften im „klassischen“ Schulsystem bis heute nicht angekommen, weil es ihnen schon in der Ausbildung nicht vermittelt wurde und sie sich häufig erst dann selbst damit beschäftigen, wenn es eigentlich schon viel zu spät ist.
Was können Lehrer tun, um gesund zu bleiben?
Natürlich sollten Sie Sport treiben (auch wenn Sie kein Lehrer wären), natürlich sollten Sie regelmäßig in den Urlaub fahren (auch wenn Sie Lehrer sind und nur die nächste „unterrichtsfreie Zeit“ dafür bleibt), natürlich sollten Sie sich gesund ernähren (erst recht als Lehrer) und natürlich sollten Sie glücklich verliebt sein (das empfiehlt sich generell). Aber abgesehen davon können Sie speziell als Lehrer im praktischen Wirken noch sehr viel mehr für sich selbst tun.
Zunächst einmal machen viele Lehrkräfte nach der erfolgreich bestandenen Ausbildung häufig einen Fehler, der sich erst Jahre später auswirkt: Sie hören damit auf, sich und ihren Unterrichtsstil bewusst zu reflektieren – vielleicht, weil das im Referendariat meist hieß, die eigene Tätigkeit zu „zerpflücken“ und manchmal auch in persönlichster Kritik endete.
Sie führen außerdem keine Hospitationen bei Kollegen mehr durch – oft deswegen, weil sie froh sind, der dauernden Überwachung entkommen zu sein und das auch anderen Lehrkräften ermöglichen wollen. Nicht selten auch, weil die Belastung einer vollen Stelle kaum zeitlichen Spielraum für die Weiterentwicklung der eigenen Lehrerpersönlichkeit zu lassen scheint – außer, man bemüht sich aktiv darum, was ein ungeheures Maß an Disziplin erfordert.
Doch damit sind wir bereits beim nächsten Thema. Im Rahmen unseres Praxiscoachings für Lehrkräfte erleben wir es häufig, dass Disziplin im Unterricht für die meisten Lehrkräfte seit ihrer Ausbildung ein theoretisches Konstrukt geblieben ist, das nie richtig in die Praxis transferiert wurde. Oft sind viele grundlegende Herangehensweisen im Kern ungeklärt geblieben. Hier ein Auszug aus den Top-Fragen, die uns in unseren Lehrer|Schüler-Coachings immer wieder gestellt werden:
- „Die Jungs in der letzten Reihe bekommen den Mund nicht zu und wenn ich sie ermahne, werden sie frech. Was soll ich noch tun?“
- „Annas Eltern haben ihr gesagt, sie müsse das nicht tun, was ich von ihr verlange, wenn sie das nicht wolle. Wie soll ich Anna zur Mitarbeit bewegen, wenn ihre Eltern sich querstellen?“
- „Ich fühle mich von meiner Klasse nicht ernstgenommen. Wenn ich sie ermahne, geht das ungefähr zwei Minuten gut und dann ist alles wie vorher. Liegt es an meinem jungen Alter?“
- „Ich habe das Gefühl, die Klasse mag mich nicht, egal was ich tue. Dabei gebe ich mir doch so viel Mühe. Was soll ich machen?“
Wenn Ihnen eine dieser Fragestellungen bekannt vorkommt, Sie auch nicht wissen, wie Sie reagieren würden oder Sie vielleicht gar nicht die Verbindung zu „Disziplin im Unterricht“ erkennen, haben Sie eventuell auch Nachholbedarf in diesem Bereich und ein Coaching von Lehrer|Schüler wäre vielleicht keine schlechte Idee.
Diese Liste ließe sich noch beliebig fortführen und zeigt doch eines auf: Disziplin, aber eben vor allem deren praktische Anwendung, ist das A und O für den Erhalt der Lehrergesundheit. Diese Einsicht ist für viele Lehrkräfte häufig neu, sind sie es doch gewohnt, dass Disziplin meist als Werkzeug zum Wohle der Schüler gesehen wird. Schon in der eigenen Denkweise der Lehrkräfte fällt der Lehrer meist „hinten runter“. Hier anzusetzen, kann viele Folgeprobleme ersparen.
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